«Bleib ruhig», «nimm es locker», «eins nach dem anderen». Das sind Ratschläge, die sicher jeder von uns schon mal erhalten hat. Manchmal kann man solchen Rat auch annehmen und umsetzen. Doch meistens bleibt es bei einer gut gemeinten Floskel, die irgendwo im Alltag wieder verpufft.
Auch im Leben mit unseren Hunden sind Ruhe, Struktur und Konzentration elementar. Mehr noch als wir Menschen nehmen unsere Vierbeiner Spannungen und Stress auf. Wir Menschen wissen doch ab und zu, warum wir durch den Alltag hetzen. Unsere Hunde nehmen nur die entsprechenden Emotionen auf. Hunde bieten nicht nur eine wunderbare Möglichkeit, sich durch den Aufenthalt in der Natur und durch Aktivität zu entspannen. Sie geben uns auch Gelegenheit, unser eigenes Verhalten und unseren eigenen Stress-Pegel unter die Lupe zu nehmen. Die meisten sogenannten Hundeprobleme haben den Ursprung nicht im Hund, sondern in unserem Verhalten. Und meistens in unseren Gewohnheiten und unserer Art, mit dem Hunde-Alltag umzugehen. Wie können wir vom Hund verlangen, dass er gelöst, entspannt und vertrauensvoll an der Leine geht, wenn wir gespannt wie eine Feder irgendwelchen Gedanken nachhängen? Wie können wir vom Hund verlangen, souverän in eine Hundebegegnung zu gehen, wenn wir wie ein emotionales Pulverfass hinter ihm stehen, in der Hoffnung, dass nichts passiert? Wir alle wissen, dass Ruhe und Konzentration wichtig sind im Leben, auch im Leben mit unseren Vierbeinern. Nicht nur im Alltag, auch an Prüfungen oder an sportlichen Anlässen sind diese Eigenschaften der Schlüssel zum Erfolg. Doch wie können wir Ruhe in unser Leben einladen? Genauso wie glücklich sein anstrengend ist, genauso ist es eine Frage der Disziplin, sich um Ruhe und Konzentration im Alltag zu bemühen. Wir verlangen vom Hund, dass er uns ernst nimmt, dass er aufmerksam ist, auf uns und auf unsere Zeichen reagiert. Beginnen wir doch erst bei uns. Die Konzentration auf den jetzigen Augenblick, auf genau die Tätigkeit, die wir gerade verrichten. Diese Aufmerksamkeit, dieses Bewusstsein ist genau so anstrengend wie einfach. Sehr schnell verlieren wir uns in Gedanken, welche die Zukunft oder die Vergangenheit betreffen. Vergessen wir nie: der Hund lebt im Hier und Jetzt. Deshalb ist es wichtig, dass wir dies auch tun. Während dem wir nämlich gedanklich nicht da sind, geht unser Hund seine eigenen Wege, steckt seine Nase tief in ein Mäuseloch oder schaut mal, ob es etwas zu Jagen in der Nähe hat. Ruhe und Konzentration stellen sich automatisch ein, wenn wir uns auf die Kleinigkeiten des Augenblicks konzentrieren. Setzen Sie sich mal neben Ihren Hund, kann auch auf dem Spaziergang sein. Betrachten Sie seine Nase, seine Ohren, sein Fell. Konzentrieren Sie sich auf die Kleinigkeiten, beobachten Sie die Bewegungen seiner Nasenflügel, seinen wachen Blick. Seien Sie einfach da, mit Ihrem Hund. Sie werden sehen, dass fünf oder zehn Minuten in diesem Zustand eine ganz andere Qualität bekommen. Auch wenn wir mit dem Hund in der Natur spazieren gehen, ist es für unsere innere Ruhe und die Ruhe im Umgang mit unserem Hund wichtig, uns bewusst zu bewegen. Seien Sie sich den Schritten bewusst, die Sie tun. Auch wenn unsere Hunde gut erzogen sind, haben wir die Tendenz, ihnen hinterher zu laufen. Dabei sollten die Hunde auf uns aufmerksam sein und nicht umgekehrt. Überprüfen Sie immer wieder Ihre eigene und die Aufmerksamkeit Ihres Hundes. Gehen Sie zum Beispiel hundert Schritte bewusst nach vorn und dann zwanzig bewusst rückwärts. Nichtumdrehen, sondern rückwärts gehen. Zählen Sie die Schritte mit. Halten Sie Ihren Hund an der Leine, ist das eine gute Übung, damit er merkt, dass da noch einer dranhängt. Ist der Hund frei, können Sie diese Übung auch machen. Gehen Sie dann aber mehr als nur zwanzig Schritte zurück. Definieren Sie für sich vorher schon die Zahl. Sagen Sie sich zum Beispiel: «Ich gehe jetzt bewusst die nächsten hundert Schritte vorwärts, und dann fünfzig Schritte rückwärts.» Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf Ihre Schritte, nicht auf den Hund. Sie werden sehen, dass diese Übung einfach und sehr effizient ist und Sie sich schnell ruhiger fühlen. Wenn Ihr vierbeiniger Begleiter hibbelig und nervös ist und sich leicht aus der Ruhe bringen lässt, sind solch einfache Übungen sehr hilfreich. Es geht darum, dass wir als Hundeführer das ausstrahlen, was wir vom Hund erwarten und gerne hätten: Konzentration, Ruhe und entsprechend auch Gelassenheit, wenn es zu einer Konfrontation kommt. Der Ansatz ist dement-sprechend nicht beim Hund, sondern bei uns selber.
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Hundesport ist eine gute Sache sofern «Fair betrieben»
Hundesport ist ein tolles Hobby und eine gute Form der Auslastung von Hunden. Weshalb ich jedoch immer weniger im Hundesport anzutreffen bin (z. B. IPO) liegt daran, dass ich einerseits mit meiner Hundeschule sowie Weiterbildungen ausgelastet bin und mich andererseits die vorherrschende Intoleranz, der Neid und der falsche Ehrgeiz in dieser Szene irritieren. In den letzten Jahren habe ich in Bezug auf Hunde viele Erfahrungen gesammelt, Aus- und Weiterbildungen absolviert und mein Fachwissen kontinuierlich erweitert. Je detaillierter ich mich mit dem Ausdrucks- und Problemverhalten von Hunden auseinandersetzte, desto skeptischer betrachtete ich andere Hundesportler/innen. Bei meinen Beobachtungen stellte ich mir vermehrt die Frage, ob allen Hundesportlern bewusst ist was sie tun? Auch fragte ich mich, ob allen die verschiedenen Grundsätze des Lernens bei Hunden inkl. der begleitenden Faktoren und Prozesse bekannt sind? Ich vermute, dass dem nicht so ist. Wären sich die Hundesportler/innen ihrer Handlungen bewusst, würde ein Umdenken stattfinden und der Hund würde nicht mehr als Reiz-Reaktions-Biocomputer betrachtet werden. Kürzlich habe ich in einem Forum gelesen, dass Hundesportler A in gewissen Situationen eine positive Strafe als weniger schlimm empfindet als eine negative Belohnung. Klare Aussage bezüglich operanter Konditionierung. Hundesportler B erkundigt sich auf diese Aussage hin, weshalb Belohnungen negativ und Bestrafungen positiv ausfallen können? Daraus schliesse ich, dass Hundesportler B die instrumentelle Konditionierung nicht kennt und ihm auch das Premack-Prinzip, die latente Hemmung, die sensorische Präkonditionierung, die Stimmungsübertragung und die Generalisierungsprozesse fremd sind. Was mich aber noch viel mehr stört, ist der weitverbreitete Hohn gegenüber anderen Hundehalter/innen oder Hundesportler/innen. Dies beginnt für mich mit abwertenden Aussagen anderen gegenüber und endet bei massiven Beleidigungen, Diskriminierungen und Diffamierungen. Leider glauben solche egozentrischen Hundesportler/innen auch, dass sie die Einzigen sind, die Hunde verstehen. Ihre Legitimation bezüglich ihres Fachwissens sind nicht Aus- und Weiterbildungen sondern die Sporthundeprüfung resp. die dazugehörige Punktzahl oder einfach auch die Tatsache, sich seit vielen Jahren in der Hundesportbranche zu bewegen. Was also eine gute Hundesportlerin oder ein guter Hundesportler mit einem auf Verhalten von Hunden spezialisierten Sachverständigen zu tun hat, ist mir fremd. Ein Vergleich: Lewis Hamilton ist aktuell einer der besten Formel 1 Fahrer der Welt. Trotzdem würde ihn niemand als Sachverständigen für Strassenverkehrsfragen beauftragen. Warum tun dies also Hundesportler/innen? Zudem dient bei einigen Hundesportlern der Hund als Sportgerät und Mittel zu ihrem persönlichen Erfolg. Häufig ist dieses Verhalten ein Anzeichen der Kompensation eigener Misserfolge (privat oder beruflich). Ich bin in meinem Leben vielen egozentrischen Hundesportler/innen begegnet. Ein bescheidenes Sozialverhalten ist in dieser Szene leider keine Seltenheit. Gepaart mit Neid und Missgunst kann dies radikale Effekte nach sich ziehen. Die Basis für einen sicheren, korrekten und freundlichen Umgang mit der Umwelt, ist ein stabiles und ausgereiftes Selbstwertgefühl. Entgegen langläufiger Annahmen hängt dieses Selbstwertgefühl nicht von der Bestätigung durch Mitmenschen ab, sondern vom Verhältnis zu sich selbst, der Selbstakzeptanz, der Selbstachtung sowie der Selbstliebe. Reduzierte Sozialkompetenz ist demzufolge ein Ausdruck innerer Konflikte, welche wiederum geprägt sind von sich selbst in Frage stellen und einem begrenzten Selbstwertgefühl. Wie der französische Schriftsteller Honore di Balzac schrieb: "Nichts steht einer guten Zeit mit anderen mehr im Wege, als sich mit sich selbst schlecht zu fühlen." Menschen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl kennt jeder von uns. Sie kennzeichnen sich durch destruktives Reden über andere, arrogantes Auftreten, stetiges Moralisieren, Herabsetzung der Leistung anderer sowie intrigantem, egozentrischem und trotzigem Verhalten. Sie sind i.d.R. unfähig andere zu loben oder Komplimente zu machen. Sie orientieren sich an den Fehlern und Schwächen anderer (Defizitorientierung), streben eine machtbezogene Beziehung an und mobben. Glücklicherweise durfte ich auch viele tolerante und äusserst angenehme Hundesportler/innen kennen lernen, welche sich ihren Namen als vorbildliche Kynologen durchaus verdient haben. Hundesport und die damit verbundene Auslastung kann eine adäquate Ausbildung für einen Hund sein. Doch entgegen der verbreiteten Meinung, kann man Hunde auch richtig und artgerecht halten ohne Hundesport zu betreiben. Umgekehrt sind Gefahren wahrscheinlicher. Weshalb? Die Anforderungen an einen Hund in der heutigen Gesellschaft sind nicht nur durch Training auf dem Sporthundeplatz erlernbar. Ein wesentlich umfangreicheres Training ist erforderlich, welches individuell auf das Mensch-Hund-Team abgestimmt sein muss. Die meisten Hundehalter/innen möchten ihren Hund nämlich auch zum Sonntagsspaziergang, Restaurantbesuch, Familientreffen, Urlaub usw. mitnehmen und sich nicht nur auf dem Trainingsplatz oder auf weit abgelegenen Spazierwegen mit ihm bewegen können. Aufgrund dessen wird von einem Hund die Kompetenz verlangt, über eine hohe Reizschwelle zu verfügen. Bei einigen Sporthunden ist in gewissen Disziplinen jedoch eine tiefe Reizschwelle eine wichtige Voraussetzung, was zu einem Alltagskonflikt führen kann. Natürlich nicht zwangsläufig, da die Reizschwelle kontrollierbar sein kann oder eben muss, damit man erfolgreich ist. Diese „Kontrollierbarkeit“ kann man im Alltag aber nicht über eine längere Zeit gewährleisten, da dies die Konzentration des Hundeführers i.d.R. überfordert. Hundesport gilt es klar zu unterstützen. Dies jedoch mit Anstand, gegenseitigem Respekt und Verständnis den Hunden gegenüber. Hundesport soll keine Kompensation von mangelndem Erfolg, Selbstvertrauen oder übertriebenem Ehrgeiz sein. Egal wie jemand seinen Hund auslastet und in seine Familie integriert, solange dies unter dem Aspekt des gegenseitigen Respekts, der Achtsamkeit und des Wohlbefindens geschieht, spielt es eine untergeordnete Rolle, in welchem Bereich der Hund ein ausgefülltes Dasein geniesst. Nur wir Menschen haben wertende Ansprüche und diese werden in gewissen Gruppierungen äusserst borniert vertreten. Diesen Gruppierungen möchte ich aus dem Weg gehen. Ich bin daran interessiert mein Fachwissen über Hunde zu vertiefen und Hunde weiter zu erforschen. Auch das breitaufgestellte Training bzw. der Umgang mit meinen Hunden ist zeitintensiv, weshalb kaum weitere Hobbys in meinem Leben Platz haben. Hundesport ist ein wunderbares Hobby, welches ich jedem empfehlen kann. Auch ich werde weiterhin in einzelnen Sparten mit meinen Hunden trainieren. Meine Passion fand ich jedoch in der Prävention von unerwünschtem Verhalten in einem Mensch-Hund-Team sowie der Nasenarbeit mit Hunden. |
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Beat EichenbergerIch lebe mit meiner Partnerin und unserem Hunderudel im Kanton Zug und betreibe mit ihr eine Hundeschule. Archives
Januar 2024
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